Montag, 25. Januar 2016

Was ist gerecht?

Farbig. (Hans Traxler)
Auf die letzte Woche gestellte Frage, erinnerte sich eine Kollegin an eine curriculare Fabel, die vor knapp zwanzig Jahren zur bekannten Karikatur "Klettern sie alle auf einen Baum" geschrieben worden war.

Eine curriculare Fabel oder
Das Konzept der Unterschiede

Es gab einmal eine Zeit, da hatten die Tiere Schule. Das Lernen bestand aus Rennen, Klettern, Fliegen und Schwimmen. Und alle Tiere wurden in allen Fächern unterrichtet.

Die Ente war gut im Schwimmen; besser sogar noch als der Lehrer. Im Fliegen war sie durchschnittlich, aber im Rennen war sie ein besonders hoffnungsloser Fall. Da sie in diesem Fach so schlechte Noten hatte, mußte sie nachsitzen und den Schwimmunterricht fallen lassen, um das Rennen zu üben. Das tat sie so lange, bis sie auch im Schwimmen nur noch durchschnittlich war. Durchschnittsnoten aber waren akzeptabel, darum machte sich niemand Gedanken darum, außer der Ente.

Der Adler wurde als Problemschüler angesehen und unnachsichtig und streng gemaßregelt, da er, obwohl er in der Kletterklasse alle anderen schlug, als erster den Wipfel eines Baumes zu erreichen, darauf bestand, seine eigene Methode anzuwenden.

Das Kaninchen war anfänglich im Laufen an der Spitze der Klasse, aber es bekam einen Nervenzusammenbruch wegen des vielen Nachhilfeunterrichts im Schwimmen und mußte von der Schule abgehen.

Das Eichhörnchen war Klassenbester im Klettern, aber sein Fluglehrer ließ ihn seine Flugstunden am Boden beginnen, anstatt vom Baumwipfel herunter. Es bekam Muskelkater durch die Überanstrengung bei den Startübungen und immer mehr „Dreier im Klettern und „Fünfer im Rennen.

Die mit Sinn fürs Praktische begabten Präriehunde gaben ihre Jungen zum Dachs in die Lehre, als die Schulbehörde es ablehnte, Buddeln in das Curriculum aufzunehmen. Am Ende des Jahres hielt ein anormaler Aal, der gut schwimmen, etwas rennen, klettern und fliegen konnte, als Schulbester die Schlußansprache.

Quelle: Boensch, M.: Innere Differenzierung. In: Wirtschaft und Erziehung. 7-8/97, S. 233-238.



Bereits erschienene Beiträge in dieser Serie:
  1. Was ist gerecht?

  2. Der Lehrer ist nicht nett.
  3. Individualisierung ist ein Menschenrecht


Montag, 18. Januar 2016

Was ist gerecht?

Zeichnung: Hans Traxler
Was ist gerecht? Diese Frage stellt sich immer wieder, gerade auch in der Schule.
  • Ist es gerecht, wenn ich bei L. akzeptiere, dass er beim Nachhausegehen neben dem Etui noch ein Farbstiftmäppchen auf der Bank hat, deren Reißverschluss nicht verschlossen ist?
  • Ist es gerecht, wenn ich bei R. zwar verlange, dass der abends seinen Platz aufräumt, aber durchlasse, dass nur ein Teil unter der Bank, der andere Teil auf dem Fenstersims daneben ist?
Und wie bringe ich es den Kindern bei, dass es verschiedene Gerechtigkeiten gibt? Eine absolute Gerechtigkeit (alle gleich), die im Einzelfall dann sehr ungerecht sein kann, ebenso wie eine relative, die jeden nach seinem Können misst, dafür jeden mit einer unterschiedlichen Elle. Was ist gerecht?

Ich erinnerte mich an nebenstehende Karikatur aus dem Jahr 1976. Was werden meine vier Buben* dazu sagen? Und was auf die Frage: Was ist gerecht?

*Der Autor unterrichtet an einer Kleinklasse mit normalbegabten verhaltensauffälligen Kindern.






Bereits erschienene Beiträge in dieser Serie:

  1. Was ist gerecht ? (Fabel)
  2. Der Lehrer ist nicht nett. 
  3. Individualisierung ist ein Menschenrecht

Montag, 11. Januar 2016

Weiterverarbeitung Freier Texte

Im Herbst wies ich auf die Vorteile des "Freien Schreibens" hin, nachdem in der Woche zuvor auf Gerd Hähnels Jugendroman "Viktor im Schattenland" vorgestellt worden ist. Die Erfahrung zeigt es immer wieder: Wenn die Texte wirklich frei sind, schreiben viele Schüler mit großer Freude. Schreiben und Lesen werden eher als sinnvolle Tätigkeiten erlebt. Das überträgt sich häufig auch auf die üblichen Aufsatzformen, ja beflügelt diese sogar. Dies kann man noch verstärken, indem man geeignete Texte veröffentlicht, etwa durch:
  • Vorlesen in der Klasse
  • Veröffentlichung in einem gemeinsamen Klassenbuch
  • Veröffentlichung in der Klassenzeitung
  • Veröffentlichung in der Klassenrundzeitung "Kinderwelt" (siehe Bindestrich 73/2012, pp. 35-38)
  • Austauschen mit einer Korrespondenzklasse
  • usw. usw.

Viktor im Schattenland (Buch)
Viktor im Schattenland (Unterrichtsmaterial)

Quelle: Gerd Hähnel

Montag, 4. Januar 2016

Dreikönig

The Magi, von He Qi, China
Religion in der Schule war lange ein heikles Thema. In der Zwischenzeit besteht weitgehend Einigung darüber, dass unterschieden werden soll zwischen Fachwissen über Religion, das die Schule vermitteln kann und die Vermittlung von Glaubensfragen und die Praktizierung der Religion, was Aufgabe des Elternhauses und der Glaubensgemeinschaften ist.

Einen ganz tollen und modernen Unterrichtsvorschlag zum Dreikönigstag fand ich auf einer englischen Seite; eingedeutscht gibt das sicher eine spannende Lektion - auch in höheren Klassen.

Ebenfalls positiv aufgefallen ist mir ein virtuelles Kunstmuseum, das klassische (und versteckt über den kleinen Direktor unten rechts auch moderne) Bilder thematisch nach Festkreisen gegliedert ausstellt.

Nur noch antiquarisch erhältlich ist das Minilükheft Religion 2 "Feste im Kirchenjahr", das den drei Weisen aus dem Morgenland eine Doppelseite widmet.