Montag, 28. Juli 2014

Kompetenzmodell erhöht Abiturquote und senkt Bildungsstand

Was genau sind eigentlich Kompetenzen, und wie verändern sie den Schulalltag? In Deutschland können Klausuren in einer bestimmten Anzahl durch Referate oder Präsentationen ersetzt werden. Durch dieses «erweiterte Spektrum des Leistungsnachweises» werde «eine größere Bandbreite der Kompetenzen gefördert», schreibt dazu etwa das Hessische Kultusministerium. Die Förderung hilft offenbar. Die Abiturquote in Deutschland steigt, und auch mit den Notendurchschnitten geht es aufwärts. Ob man das Gleiche über den Bildungsstand sagen kann, ist höchst umstritten.

Ein Beispiel aus Deutschland: Einem Gymnasiasten steht eine Mathematikprüfung bevor. Er macht jedoch lieber Sport. Er hat wegen des Sports auch schon einige Mathematikklausuren verpasst. Eine unangenehme Situation. Doch das kompetenzorientierte Bildungssystem bietet Hand. Denn es sieht die «Klausurersatzleistung» vor. Statt einer Prüfung kann der Schüler mit zweiwöchigem Vorlauf auch eine Präsentation zu einem mathematischen Thema abliefern, zum Beispiel zum Thema Vektoren. Schülerforen im Internet erweisen sich dabei als wahre Ideenschatztruhen für die jungen Präsentatoren. Mit der Präsentation löst der Schüler vielleicht keine mathematische Aufgabe, aber er stellt gemäß der Lehre des Kompetenzmodells seine Kompetenz unter Beweis, einen mathematischen Inhalt praktisch anwenden zu können.

Ein anderes Exempel: Auch Latein, jene Restbastion des humanistischen Bildungskanons, kann kompetenzorientiert unterrichtet und getestet werden. Und das geht zum Beispiel so: Eine lateinische Textpassage muss vom Schüler nicht mehr zwingend analysiert, verstanden und trefflich übersetzt werden. Er kann im Test einzelne Vokabeln unterstreichen und aufschreiben, welche Fremdwörter aus ihnen entstanden und in den deutschen Sprachschatz eingegangen sind.

(Auszug aus einem Bericht der Neuen Zürcher Zeitung; spannend auch die anschließende Diskussion)

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen