Montag, 7. November 2016

Schüler sollen googeln statt auswendig lernen

So titelte am 31. Oktober 2016 eine sehr auflagenstarke Tageszeitung. Dem Artikel folgte noch ein Interview mit einem Bildungsexperten, der forderte, richtig googeln sollte ein Schulfach werden. Sowohl der Artikel, als das Experteninterview waren so ziemlich der grösste Quatsch zum Thema, den ich je gelesen habe.

Natürlich sollten die Kinder richtig mit Suchmaschinen umgehen können, jedoch sicher nicht nur mit der weitverbreitesten. Dann sollten sie auch stärken und schwächen von Suchmaschinen und Katalogen im Allgemeinen und auf einzelne Anbieter kennen: einige sind schnell, andere besonders geeignet für Suchen in diesem oder jenem Bereich, eine andere eine eigentliche Datenkrake, etc.

Aber ein Schulfach? Gott behüte! Da sollten wir dann x Jahre lang jedes Schuljahr während rund 40 Lektionen Suchtraining betreiben? L'art pour l'art? Richtiges Suchen erlernt sich viel besser am Gegenstand, also zum Beispiel - sehr wohl angeleitet - im Rahmen der Vorbereitungen für einen Vortrag. Oder hatten wir seinerzeit ein Schulfach "Wörterbuch nachschlagen" und eines "Lexikonartikel finden"?

Auch sonst zweifle ich offen am befragten Bildungsexperten. So sagt er: "Anstatt wie früher die Namen von Flüssen und Hauptstädten zu pauken, [...]" und einen Abschnitt weiter: "Wenn Schüler [...] etwas auswendig lernen, ist es bereits veraltet, wenn es zur grossen Pause läutet." Als ob der Rhein alle paar Minuten seinen Namen wechselt - und dass Bonn nun nicht mehr die Hauptstadt Deutschlands ist, haben die allermeisten auch mitbekommen, ohne im Internet danach zu suchen. Zumindest die Beispiele waren äusserst schlecht gesucht. Aber das liegt vielleicht auch an der Zeitung, denn der angebliche Bildungsexperte ist gemäss eigenen Angaben in seinem Blog "Projektleiter Unternehmensentwicklung bei [Verlag dieser Zeitung]. Marketierchen. Medienjunkie. Business Model Generator." - was auch immer das heissen mag.

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